Führungskräfte der Zukunft Teil 1

Als Coach für Führungskräfte befähigt Ilario Deana Chefs, das Potential Ihrer Mitarbeiter zu entfalten. Hierfür hat er ein Führungstraining konzipiert, das Knowhow aus 19 Jahren Coaching, Erfahrungen als Führungskraft unterschiedlicher Unternehmen sowie gesellschaftliche Trends verbindet. Im Interview „Führungskräfte der Zukunft Teil 1“ erzählt er, welche Herausforderungen und Chancen «Führen 4.0» mit sich bringt und wie Führungskräfte lernen können, diese zu meistern.

Herr Deana, In den vergangenen Jahren haben veränderte Ansprüche der Arbeitnehmer eine neue Arbeitswelt etabliert. Worin bestehen die grössten Veränderungen?

Ilario Deana: Eine merkliche Veränderung in fast allen Branchen und Unternehmen ist seit längerem der Fachkräftemangel. Es herrscht Vollbeschäftigung. Das führt dazu, dass viele Unternehmen Mühe haben, qualifizierte Mitarbeiter zu finden. Dies wiederum führt dazu, dass potentielle Mitarbeiter anspruchsvoller sind. Sie wählen nicht nur den passenden Arbeitnehmer sorgfältig aus, sondern fordern auch individuelle Wünsche ein.

Welche Wünsche sind das?

I.D.: Homeoffice, individuelle Arbeitszeitmodelle, Freizeit und Flexibilität. Früher haben Unternehmen einen Kandidaten im Bewerbungsgespräch mit der Frage konfrontiert: «Warum denken Sie, sollten wir sie einstellen?» Heute fragt der Kandidat: «Warum sollte ich bei Ihnen arbeiten, was bieten Sie mir?»

Diese Verschiebung der Kräfteverhältnisse bringt einige Unternehmen an die Grenzen der eigenen Möglichkeiten. Und zeigt gnadenlos auf, wer auf dem Arbeitgebermarkt attraktiv ist. Employer-Branding ist für zukunftsorientierte Unternehmen zum wichtigen strategischen Positionierungskonzept geworden. Leider haben viele Unternehmen die Zeichen der Zeit noch nicht erkannt und halten an alten Zöpfen fest, bleiben bei starren Strukturen und vergeben so Chancen, anziehend für Bewerber zu sein.

Was heisst das für den Chef?

I.D.: Auch die Führungskraft muss sich den veränderten Anforderungen anpassen. Der befehlende, unkooperative Chef wird es schwer haben, selbstbewusste Mitarbeiter zu halten.

Wie schaffen Sie den Spagat zwischen den Generationen? Sowohl Fachkräfte der Generationen Y und Z als auch erfahrene Mitarbeiter müssen gleichermassen motiviert werden.

I.D.: Die Führungskraft muss individuell auf Mitarbeiter eingehen und sie fördern. Die Zeit für laienhaftes Führen ist vorbei. Führungskräfte müssen mehr Zeit investieren, um sich mit Mitarbeitern auseinanderzusetzen, deren Fähigkeiten zu erkennen und diese Potentiale zielorientiert einzusetzen. Vom Chef zum Trainer werden, der die Mitarbeiter befähigt, Höchstleistungen zu bringen. Die Wirtschaft muss vom Sport lernen und Professionalisierung auf allen Positionen – auch auf dem Chefposten – anstreben. Ich höre in jedem Führungstraining: «Mir fehlt die Zeit, meine Mitarbeiter zu führen.» Zukunftsorientierte Führungskräfte müssen sich auf Förderung der anderen, nicht auf die Umsetzung der eigenen operativen Tätigkeiten fokussieren.

Jeder muss auf dem Stand trainiert werden, auf dem er ist. Unabhängig von der Generation. Mit unseren Führungstrainings schaffen wir das optimale Umfeld dafür.

Welche Bedeutung messen Sie Hierarchien zu?

I.D.: Es gibt bereits hierarchielose Unternehmen. Das kann funktionieren, muss es aber nicht. Mir ist wichtiger, die richtige Hierarchie einzusetzen. Situativ, genau wie der passende Führungsstil. Entscheiden wir besser nach dem Kriterium: Ergibt es Sinn oder nicht? Hierarchie soll die Struktur unterstützen und nicht als Modell per se angewandt werden.

Ein Beispiel: Unternehmen haben oft diverse Abteilungen mit unterschiedlichen Anspruchsgruppen, Kundenorientierung, Belastungsgrad, Problemstellung oder Automatisierungsgrad. Viele andere Kriterien beeinflussen zusätzlich das Geschehen der Abteilung. Somit sind sie individuell, vielleicht sogar agil, kreativ, projektorientiert und so weiter. Wie kann eine Form diesen Voraussetzungen jahrelang gerecht werden? Wir denken gerne in richtig oder falsch, gut oder schlecht. Unternehmen müssen bedarfsorientierte Unternehmensformen annehmen, um optimal zu agieren. Ist also die klassische Hierarchie tot? Entscheiden wir individuell, wenn wir die Unternehmung oder Abteilung ausgerichtet haben.

Wie treiben Sie diese Ausrichtung voran?

I.D.: Die Kultur als Treiber und Wille der Mitarbeiter etwas zu tun, ist eine der Frage von Wirkung, Konsequenz und Ziel. In meinen Führungstrainings erkenne ich folgende drei Faktoren als Kulturtreiber.

Wirkung: Als Führungskraft wirke ich ständig in die eine oder andere Richtung. Schaffe ich es, das Unternehmen, die Orientierung, die Mitarbeiter in eine positive Richtung zu steuern, mache ich vieles richtig.
Konsequenz: Ich sage, was ich meine und meine, was ich sage. Ich lege Regeln fest und kommuniziere sie. Jeder Mitarbeiter weiss, was er zu erwarten hat und was erwartet wird.
Ziel: Wir wollen intrinsisch gesetzte Zielsetzung fördern, den Menschen einbeziehen, ihm die Dringlichkeit verständlich machen und erhalten eine klare, engagiert verfolgte Umsetzung.
Sie sehen, es sind keine Wunder, keine Extravaganz, nur normale Werte. Angewandt und umgesetzt.

Vielen Dank für das Gespräch! Lesen Sie in Kürze mehr zum Thema Führen 4.0.